Abstract
Hospize verstehen sich als Orte einer ganzheitlichen Sterbebegleitung, welche nicht allein die Behandlung körperlicher und psychischer Symptome, sondern auch die soziale und spirituelle Betreuung der Sterbenden beinhaltet. Eine zentrale Bedeutung innerhalb dieser umfassenden Begleitung am Lebensende hat die Idee der Selbstbestimmung. Dem Hospizgast soll ermöglicht werden, im Sinne einer größtmöglichen Autonomie über die eigenen Belange bis zuletzt selbst entscheiden zu können. Diese zentrale Zielsetzung der Hospizarbeit wurde in der Literatur bisher überwiegend in theoretisch-programmatischer Weise thematisiert, es liegen jedoch kaum Untersuchungen zu der Frage vor, wie die Idee der „Selbstbestimmung bis zuletzt“ im Alltag der Hospize praktisch umgesetzt wird. Über die besonderen Umstände der Pflege in stationären Hospizen hinaus ist der hier zugrunde gelegte Begriff von Autonomie auch von grundsätzlichem medizinethischen Interesse. Das ganzheitlich-palliative Konzept von Behandlung und Pflege, welches bereits im Hospiz als Institution fest verankert ist, legt nahe, dass die Idee der Selbstbestimmung in diesem Umfeld anders konzeptualisiert wird als im Bereich der „klassischen“, zumeist kurativ orientierten Medizin. Die qualitative Interviewstudie mit haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern konnte zeigen, dass in stationären Hospizen ein Konzept von Selbstbestimmung vertreten wird, welches über rein medizinische Entscheidungen weit hinausgeht. Zugleich konnte aber auch herausgearbeitet werden, wo nach Ansicht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mögliche Grenzen der Selbstbestimmung des Gastes im Hospiz liegen.