Abstract
Eine ausgearbeitete Kunstontologie findet sich bei Ehrenfels nicht, wohl aber Bausteine zu einer solchen. Diese herauszuarbeiten ist das Anliegen des vorliegenden Beitrags. Dabei geht es um die Frage nach dem ontologischen Status von Kunstwerken, um mögliche kategoriale Einteilungen derselben, um Bestandteile und Identitätsbedingungen.
Ehrenfels vertritt die Auffassung, dass nicht materielle Entitäten, sondern „Vorstellungskomplexe“ Träger ästhetischer Eigenschaften sind. Ich argumentiere, dass Ehrenfels die Auffassung zugeschrieben werden kann, dass Kunstwerke nicht mit materiellen Gegenständen, sondern mit Vorstellungskomplexen zu identifizieren sind. Im Weiteren wird die Frage diskutiert, ob die Vorstellungskomplexe als mentale Entitäten im engeren Sinn aufzufassen sind (d. h. als Entitäten, die in jedem Moment ihrer Existenz von Bewusstseinsvorgängen ontologisch abhängig sind) oder ob sie von Bewusstseinsvorgängen unabhängige Existenz haben können. Zur Beantwortung dieser Frage wird ein wenig beachteter Text zur Gestalttheorie herangezogen, der eine überraschende Antwort nahe legt. Was die Frage nach den Bestandteilen betrifft, lässt sich aus Ehrenfels’ Schriften die Auffassung extrahieren, dass Kunstwerke aus Gestalten bestehen, die entweder durch sinnliche Qualitäten oder durch Psychisches fundiert sein können. Ich zeige zudem, dass Ehrenfels eine differenzierte Auffassung bezüglich der Identitätsbedingungen von Kunstwerken vertritt: In erster Linie sind die konstituierenden Gestalten identitätsrelevant, doch es können auch Kontexte und Funktionen eine Rolle spielen.