Die Kultur der Einbildungskraft und der Urteilskraft in einer dürftigen Zeit

Paragrana: Internationale Zeitschrift für Historische Anthropologie 30 (2):145-154 (2021)
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Abstract

Wir stimmen Dietmar Kamper zu, dass die einzigartige Artikulierung der Anthropo-Ethik des Ästhetischen zur Diagnose des heutigen Monströsen im Menschen zentral bleibt. Herders Prophezeiung wird damit vollzogen: „Wir glauben zu sehen, wo wir nur fühlen sollten; wir sehen endlich so viel und so schnell, daß wir nichts mehr fühlen, und fühlen können“. Dies geschieht durch die Übertragung der pragmatischen Epistemologie ins soziale Leben. Das soziale Leben im Zeitalter der totalen Experimentierung der Welt und des Menschen wird zu einem Laboratorium, und ein blinder Konsens wird zur regulierenden Instanz des menschlichen Lebens. Die Berechtigung dieser Diagnose liegt in der Art und Weise, wie die heutige pragmatische Vernunft die Urteilskraft verdrängt. Ihres Erachtens dürfen wir zum einen das, was uns selbst betrifft, nicht als Ich-Person beurteilen, sondern nur im Namen der anderen, und zum anderen darf die Urteilskraft nur durch ein Unterwerfen unter die Ethik und die Rhetorik des Konsenses ersetzt werden. Covid ist eine Folge unseres blinden Hyper-Experimentalisierens der Welt, des Tierreichs und unserer selbst. Wir wissen heute, dass die sprachliche Einbildungskraft in der Tat erklärt, wie die Einbildungskraft das Sehen, die Kunst der Bilder sowie die Erfindung der wissenschaftlichen Hypothesen möglich macht: Sie gibt der visuellen und der wissenschaftlichen Einbildungskraft ihre Dialog- und Reharmonisierungskraft und fördert infolgedessen das Ausüben unserer Urteilskraft, damit sie die Objektivität ihrer Ergebnisse behaupten kann. Im Fall von Covid war es ebenso notwendig, die Urteilskraft zur Erstellung der Diagnose zu ergreifen, wie es stets nötig ist, die Objektivität einer medizinischen Lösung zu beurteilen und zu behaupten.

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