Abstract
Die Religion ist in die Position des politischen und kulturellen Faktors zurückgekehrt. Nachdem die politischen Ideologien, deren säkulare und diesseitige Erlösungsversprechen die Geschichte des 20. Jahrhunderts durchgreifend bestimmt haben, entkräftet worden sind, kann die Wiedererscheinung der Religion auf der globalen Ebene nicht vernachlässigt werden: als brennende Lebensmacht in puncto Führung des Eigenlebens, als Garant der kulturellen Identität sowie als religiös-politische Kreativität. Wir können die aktuelle Weltlage, ihre Krisen, Konflikte samt Kriegen, aber auch die Selbstperzeption und das Selbstbewusstsein außereuropäischer Kulturen und Völker nicht mehr begreifen, ohne zeitgleich einzusehen, die Religion sei als Webers „Lebensmacht“ wiedergekehrt. Im Anhang zur Skizzierung dieses Prozesses stellt dieser Artikel die Frage: Welche sind die kulturellen und politischen Herausforderungen, mit denen insbesondere die säkularen Gesellschaften des Westens konfrontiert werden?