Radikale Übersetzung und radikale Interpretation

In Nikola Kompa (ed.), Handbuch Sprachphilosophie. Stuttgart: Metzler. pp. 237-249 (2015)
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Abstract

Die Theorien der radikalen Übersetzung und der radikalen Interpretation gehören zu den einflussreichsten sprachphilosophischen Theorien der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Mit dem Gedankenexperiment der Erstübersetzung einer völlig fremden Sprache hat Quine einen originellen Weg gefunden, Grundfragen der Bedeutungstheorie vom Ballast traditioneller Annahmen befreit neu zu stellen: Was ist überhaupt sprachliche Bedeutung, wie hängt sie mit außersprachlichen Reizen zusammen, auf die menschliche Tiere reagieren, welche Rolle sollte der Bedeutungsbegriff in der Sprachphilosophie spielen? Radikal an Quines Übersetzungstheorie sind nicht zuletzt seine Folgerungen. Sein Versuch, die Arbeit des Feldlinguisten im Dschungel möglichst voraussetzungsarm zu erklären, mündet in die These von der Übersetzungsunbestimmtheit und die Intensionsskepsis. Diese Doktrinen sind in der Sprachphilosophie hochumstritten geblieben. Sich mit Quine Rechenschaft darüber abzulegen, was ohne mentalistische Voraussetzungen erklärbar ist und was nicht, ist aber auch dann erkenntnisbefördernd, wenn man Quine in seiner empiristischen und behavioristischen Mittelbeschränkung nicht folgt. -/- Davidsons Theorie der radikalen Interpretation kommt das Verdienst zu, klassische hermeneutische Fragestellungen in eine allgemeine Bedeutungstheorie für natürliche Sprachen zu integrieren und mit Mitteln der analytischen Philosophie zu bearbeiten: Welches Wissen benötigt ein Interpret? Wie hängt sprachliche Bedeutung mit Absichten zusammen? Welchen Anteil am Verständigungserfolg hat der Sprecher, welchen der Interpret, welchen sprachliche Regeln? Überdies zeigt Davidson die engen Verbindungen zwischen der Sprachphilosophie und benachbarten philosophischen Disziplinen auf, insbesondere der Erkenntnistheorie, der Philosophie des Geistes und der Handlungstheorie. Er zeichnet im Spätwerk ein komplexes Bild davon, wie es Wesen wie uns gelingt, sich in ihrem verbalen und nichtverbalen Handeln miteinander zu verständigen, indem sie sich triangulierend auf eine gemeinsame, sprachlich erschlossene Welt beziehen.

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