Kunst, Werk, Wahrheit. Heideggers Wahrheitstheorie in Der Ursprung des Kunstwerkes
Abstract
Heid eg ger führt die Wahrheitsthematik am Ende des ersten
Abschnitts von Der Ursprung des Kunstwerks ein. In der Beschreibung
des Gemäldes von Van Gogh findet sich zum ersten Mal jene
axiomatische Definition, die mehrmals wiederkehrt: Die Kunst ist
das „Sich-ins-Werk-Setzen der Wahrheit“ (GA 5, 21; vgl. 25, 44 , 59,
62, 63, 65, besonders 70).
Heid eg ger geht, wenn er die ästhetische Wirkung des Gemäldes
beschreibt, zur Neubestimmung von Kunst und Wahrheit über. Das
Gemälde ist keine bloße Abbildung von Schuhen, sondern „Van
Goghs Gemälde ist die Eröffnung dessen, was das Zeug, das Paar
Bauernschuhe, in Wahrheit ist. Dieses Seiende tritt in die Unverborgenheit
seines Seins heraus.“ (GA 5, 21) Was es heißt, dass „Seiendes“
wie das Paar Schuhe in eine „Unverborgenheit“ kommt,
die die „Unverborgenheit“ dieses Seienden in seinem Sein ist, wird
erst am Ende des Textes ganz deutlich. Dann wird sich auch klären,
wie genau Wahrheit hier als Unverborgenheit im Unterschied
zum gängigen Wahrheitsbegriff der Übereinstimmung verstanden
werden soll: Einer Auffassung von Wahrheit als Übereinstimmung,
Adäquation oder Korrespondenz zufolge wäre ein Kunstwerk wie
Van Goghs Gemälde etwas, das (wie ein Aussagesatz) wahr oder
falsch sein könnte, weil es mit dem übereinstimmt, was der Fall ist.
Das Bild würde, wenn es ‚wahr‘ im Sine der Übereinstimmung wäre,
die Wirklichkeit so abbilden, wie ein wahrer Satz einen Sachverhalt
richtig wiedergibt....