Veganismus als Anti-Nihilismus
Abstract
Vermutlich ist nahezu jeder Tierethiker schon aufgefordert worden, sich nicht darüber mitzuteilen, wie es in moderner Massentierhaltung zugeht, denn das verdürbe doch die Möglichkeit, Fleisch weiterhin zu genießen. Diese Aufforderung ist reichlich merkwürdig. Denn sie kommt eigentlich zu spät. Der Mensch, der nicht mehr weiter über die Massentierhaltung hören will, hat offenkundig schon genug gehört, um zu wissen, dass eine erneute, eine tiefere Vergegenwärtigung eine ihm liebgewonnene Praxis verderben würde: Es ist mithin die (durch den Tierethiker nur bemerkbar gemachte) höchste eigene Erkenntnis, die seinen Fleischgenuss bedroht. Es scheint als versuche hier ein Mensch, eine Erkenntnis und das dieser Erkenntnis nachlaufende Drängen in ihrem Sinne praktisch zu werden, wieder unerkannt zu machen. Mit diesem Ansinnen will ein Mensch, der eine Grenze überschritten hat, die er, wie er selbst erkannt hat, nicht hätte überschreiten sollen – woher auch immer diese Erkenntnis stammt – dennoch überschreitbar machen will. Dieser Mensch will den Zwang, der doch aus ihm selbst herauskommt, nicht kennen, nicht begreifen. Das Begriffene und das aus dem Begriffenen den Menschen selbst unmittelbar ergreifende Tunwollen wird zu annihilieren versucht. Das ist im wörtlichen Sinne ein Nihilismus, eine Selbstverstümmelung des eigenen Denkens und des eigenen Herzens. Gegen diesen Nihilismus möchten wir für den Veganismus argumentieren als (eine mögliche) praktische Konsequenz, die höchste eigene Abscheu gegen das Töten und zugleich sich selbst ernst zu nehmen; der Veganismus wird damit als ein Anti-Nihilismus begriffen