Abstract
Die Kibbutz-Bewegung in Israel zeichnete sich in den ersten Jahrzehnten durch zwei Utopie-Konzepte aus: durch eine sozialistische Utopie der Gleichheit sowie durch eine pädagogische Utopie, nach der ein „neuer Mensch“ durch eine kollektive Erziehung in den Kinderhäusern geschaffen werden sollte. In der mehr als einhundertjährigen Geschichte der Kibbutz-Bewegung wurden allerdings in den vergangenen fünf Jahrzehnten in den meisten der etwa 270 Siedlungen grundlegende Veränderungen vorgenommen – z. B. Privatisierung der Wohnungen, unterschiedliche Entlohnungen und nicht zuletzt die Abschaffung der kollektiven Erziehung. Alternative Lebensformen sind durch den antinomischen Konflikt der Bewahrung oder Erneuerung gekennzeichnet. Die nachfolgenden Generationen haben in den Kibbutzim – meist gegen die Interessen der Pioniergeneration – die Veränderungen durchgesetzt und dadurch das utopische Modell weitgehend aufgegeben, auch wenn in den Siedlungen im Vergleich zur Außenwelt nach wie vor erheblich weniger Ungleichheit gegeben ist.