Abstract
Durch Fortschritte in der modernen Reproduktionsmedizin ist es Frauen heute möglich, auch nach der Menopause mit eigenen Eizellen schwanger zu werden. Damit wird die Fortpflanzung im homologen System auch im Alter zu einer realistischen Option. Gegen derartige späte Schwangerschaften gibt es vielfältige Argumente, die vor allem auf mögliche Schädigungen aufgrund des hohen Alters der Mutter verweisen. Maßnahmen der Anti-Aging-Medizin zum Erhalt bzw. zur Verbesserung der kognitiven und physischen Leistungsfähigkeit im fortgeschrittenen Alter könnten diese Einwände gegen den Einsatz von Reproduktionstechniken nach der Menopause entkräften. Der Beitrag geht der Frage nach, wie erstrebenswert postmenopausale Schwangerschaften unter diesen Voraussetzungen eigentlich sind. Es wird die These vertreten, dass eine Schadensargumentation für eine ethische Bewertung allein nicht ausreichend ist, sondern auch Überlegungen zu Status und Authentizität des Kinderwunsches, zum Selbstverständnis der Medizin, zur Autonomie der Betroffenen sowie zur Natürlichkeit der Lebensführung berücksichtigt werden müssen. Darüber hinaus zeigt sich, wie Entwicklungen in zwei spezifischen Anwendungsbereichen (Anti-Aging- und Reproduktionsmedizin) in einer gemeinsamen Betrachtung zusammengeführt und mit Gewinn für allgemeinere medizinethische Überlegungen bewertet werden können