Abstract
Der Ausdruck ›Speziesismus‹ ist 1970 von dem Oxforder Psychologen Richard Ryder geprägt worden, um auf Parallelen zwischen dem Umgang von Weißen und Mitgliedern anderer Rassen und den Umgang von Menschen mit Mitgliedern anderer Spezies aufmerksam zu machen. Seine gegenwärtige Verbreitung verdankt er jedoch vor allem Peter Singer, der ihn in seinem Buch Animal Liberation aufgegriffen und damit nicht nur unter Tierrechtsaktivisten, sondern auch unter akademischen Tierethikern populär gemacht hat. 1985 ist der Ausdruck in das OxfordEnglishDictionary, 2000 in den Duden aufgenommen worden. Folgt man dem OED, so steht er für die Diskriminierung oder Ausbeutung von Tieren durch den Menschen. Dies entspricht im Wesentlichen der ursprünglichen Verwendung des Ausdrucks durch Ryder, der ebenfalls von Diskriminierung gesprochen hatte. Als Grundlage für eine Darstellung der Speziesismus-Debatte innerhalb der philosophischen Ethik ist die OED-Definition jedoch unzureichend. Wenn Philosophen von Speziesismus sprechen, denken sie nämlich nicht nur an Tierversuche und andere Formen des Umgangs mit Tieren, die als diskriminierend oder ausbeuterisch kritisiert werden können, sondern haben bestimmte normative Annahmen vor Augen. Die philosophische Speziesismus-Debatte dreht sich – wie alle philosophischen Debatten – weniger um Praktiken als um Positionen. Die im Folgenden vorgeschlagene Definition stellt daher eine bestimmte normative Annahme ins Zentrum und spezifiziert damit zugleich den Gegenstand der Debatte. Auf der Grundlage dieser Definition können dann die zentralen Argumentationslinien der philosophischen Diskussion skizziert werden.