Abstract
Ich werde zu Beginn die philosophische Entwicklung Heideggers darstellen. Auf diese Weise wird es möglich sein, genau die Stelle aufzuzeigen, wo das Fichte-Studium für ihn von größter Wichtigkeit ist. Der wahre Ausgangspunkt des Heideggerschen Denkens ist nicht die Seinsfrage, sondern die katholische Theologie. Nach seinem Abitur im Sommer 1909 nahm er sein Theologiestudium in der Absicht auf, Priester zu werden. In den theologischen Veröffentlichungen, die vor allem in Der Akademiker erschienen, treten seine katholische Weltanschauung und der antimoderne Charakter seines Denkens klar zutage. Seine Kritik des Modernismus richtet sich vor allem gegen Individualismus, Liberalismus, Naturalismus und das neukantische Streben nach Autonomie; auch die Technik, der zügellose Konsum und das Modebewußtsein werden angeprangert. Dem rasenden, verflachten Leben des modernen Menschen stellt Heidegger das katholische Leben mit seinem Traditionsbewußtsein gegenüber. Das Jerusalem Gottes wird dem neoheidnischen Babylon als ein nachstrebenswürdiges Ideal vorgehalten. Die moderne Welt kann nur von ihren Übeln heilen, indem sie zum ewigen Brunnen aller Wahrheit zurückkehrt. Gegen die Zersplitterung und Nivellierung der modernen Zeit, durch die die Welt eindimensional wird und der Raum der Transzendenz verlorengeht, muß die katholische Gemeinschaft sich zur Wehr setzen und die religiöse Dimension des Lebens mit Händen und Füßen verteidigen.