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Abstract
Im Zentrum dieses Bandes stehen die Beiträge einer Tagung, die im Oktober 2017
an der Universität Konstanz stattgefunden hat. Thema der Tagung war ein den historischen
Kontext einbeziehender Blick auf den frühen Rudolf Carnap, vom Ende
des Ersten Weltkriegs bis zur Emigration Ende 1935. Der 1891 in Ronsdorf bei
Wuppertal geborene Rudolf Carnap entschloss sich erst relativ spät zu einer Karriere
als akademischer Philosoph, nämlich 1920, nachdem er sein durch den Krieg unterbrochenes
Studium der Physik und Philosophie in Jena und Freiburg abgeschlossen
und kurze Zeit überlegt hatte, als Lehrer in der Schulreform-Bewegung zu arbeiten.
Es folgte die philosophische Promotion im Jahr 1921, bei Bruno Bauch in Jena, mit
einer Doktorarbeit zum Raumproblem. 1923 organisierte Carnap, gemeinsam mit
Hans Reichenbach und anderen, eine für die Entstehung des Logischen Empirismus
bedeutsame kleine Tagung in Erlangen. Auf Einladung von Moritz Schlick habilitierte
er sich 1926 an der Universität Wien und verbrachte die Zeit bis 1931 zumindest
teilweise in Wien, als eines der Kernmitglieder des Wiener Kreises um Moritz
Schlick. Seine Habilitationsschrift erschien 1928 unter dem Titel Der logische
Aufbau der Welt (hier immer Aufbau). 1931 folgte Carnap einem Ruf an die Deutsche
Universität Prag. In den darauffolgenden Jahren blieb aber der enge Kontakt mit
Wien und dem Wiener Kreis erhalten. Carnaps hauptsächliche Arbeit in dieser Zeit
war seinem zweiten großen Buchprojekt gewidmet, der 1934 publizierten Logischen
Syntax der Sprache. Daneben verfasste Carnap in seiner Zeit in Wien und Prag auch
zahlreiche Aufsätze, zu unterschiedlichen Aspekten der Logik, der Metaphysikkritik
und der Wissenschaftstheorie. Er war Mitautor des Manifests Wissenschaftliche
Weltauffassung: Der Wiener Kreis und nahm regen Anteil an den zahlreichen wissenschaftlichen
Aktivitäten des Logischen Empirismus, von der Gründung der
Zeitschrift Erkenntnis bis hin zum Projekt einer Enzyklopädie der
Einheitswissenschaft. Spätestens ab 1933 musste Carnap jedoch feststellen, dass an
eine weitere wissenschaftliche Karriere in dem von Faschismus und
Nationalsozialismus geprägten politischen Klima in Kontinentaleuropa nicht zu
denken war. Er strebte deshalb die Emigration ins englischsprachige Ausland an,
die schließlich Ende 1935 gelang, als Carnap ein Angebot von der Universität
Chicago erhielt.
Obwohl Carnap nur den kleineren Teil der in diesem Band abgedeckten eineinhalb
Jahrzehnte in Wien verbracht hat, widmet sich der Großteil der hier versammelten
Beiträge schwerpunktmäßig der für Carnaps philosophische Karriere
zentralen Wiener Zeit.