Abstract
Rudolf Carnap hat nur im Vorwort zum „Logischen Aufbau der Welt“ Bemerkungen zum Verhältnis seiner wissenschaftlichen Arbeit zur Kunst und Architektur seiner Zeit veröffentlicht. Aber sein emphatisches Bekenntnis zur Moderne der 20er-Jahre hat bisher nur selten Aufmerksamkeit in der philosophiegeschichtlichen Sekundärliteratur gefunden. In meinem Beitrag versuche ich in den ersten beiden Abschnitten, seinen kulturellen Hintergrund seit seiner Schul- und Studentenzeit zu skizzieren und dann seine persönlichen Kontakte und Austauschbeziehungen mit Vorkämpfern der Moderne wie Franz Roh und Siegfried Giedion zu beschreiben. Nach diesen Vorbereitungen wird die Frage gestellt, ob und in wieweit Carnaps Philosophie selbst als ein Teil der Bewegung der Neuen Sachlichkeit verstanden werden kann oder sogar muss. Zur Beantwortung werden eine Reihe von Charakteristika dieses Zeitgeist-Phänomens aus den – gleichzeitig mit Carnaps „Aufbau“ erschienenen Werken der Genannten – herauspräpariert und dann untersucht, ob diese Kriterien sich auch im Werk Carnaps finden. Das Ergebnis ist, dass man ihn mit Fug und Recht als „Philosoph der Neuen Sachlichkeit“ bezeichnen kann.