Abstract
Der Artikel thematisiert am Beispiel der Theorie Julian Nida–Rümelins einen aktuellen Versuch, die Objektivität moralischer Urteile zu begründen. Nach dem Scheitern von Naturalismus und Intuitionismus geht es darum, den in Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie zunehmend populären Kohärentismus auch in der Ethik einzusetzen. Die diskutierte Theorie zeichnet sich v. a. dadurch aus, daß sie die Existenz revisionsresistenter Moralurteile als Schwerkraftzentren des moralischen Überzeugungsnetzes annimmt. Allerdings weist die Theorie gravierende Defizite auf: Sie scheint einen moralischen Relativismus nach sich zu ziehen, hat Explikationslücken hinsichtlich der Bedeutung, der Normativität, der Reichweite und der Objektivität moralischer Urteile und stellt letztlich kein wirkliches Begründungsverfahren für moralische Urteile bereit. Unabhängig von der Frage des Kohärentismus wird daher dafür votiert, die Theorie zugunsten einer leistungsfähigeren, wenngleich subjektivistischen Alternative zu verwerfen