Berlin, Deutschland: Matthes & Seitz (
2020)
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Abstract
Die Moderne nimmt für sich in Anspruch, die Rache glücklich überwunden und durch die Herrschaft des Rechts ersetzt zu haben. Seit der Aufklärung gilt die Rache nicht nur als Gegenspielerin des Rechts, sondern als das dunkle Andere der Moderne überhaupt. In seiner groß angelegten kulturgeschichtlichen Studie liest Fabian Bernhardt diese bislang kaum hinterfragte Fortschrittserzählung gegen den Strich. Batman tritt neben Achilles, der Potlatsch neben 9/11, Marcel Mauss trifft auf Immanuel Kant – in einer Verbindung aus philosophischer Reflexion, kulturanthropologischem Zugriff und mit feinem Gespür für das massenkulturelle Imaginäre zeigt er, dass mit der Delegitimierung der Rache zugleich eine theoretische Verdunkelung einherging. Regelmäßig verkannt wird nicht nur die Bedeutung, die der Rache in sogenannten „primitiven“ Gesellschaften zukommt, sondern auch die Rolle, die der Wunsch nach Vergeltung in den modernen Gesellschaften inkognito nach wie vor spielt. In der Rache scheint nicht nur die dunkle Seite der Gerechtigkeit auf, in ihr melden sich auch diejenigen verdrängten Energien und Affekte zurück, für die es in der modernen Gegenwart keinen legitimen Platz mehr zu geben scheint.